In Barumini herrscht eine ganz besondere Atmosphäre: Seit der Urgeschichte war der heutige Ort ein Machtzentrum und wichtiger Bezugspunkt eines reichen, fruchtbaren Landstrichs, der Marmilla. Als Zeugnis dafür thront hier Su Nuraxi, der imposanteste (und best erhaltene von dreißig Nuraghenstätten des Gebietes um Barumini sowie das wichtigste Erbe, das uns die Torre-Kultur hinterlassen hat. Das archäologische Areal umfasst einen Nuraghenkomplex und ein weitläufiges Hüttendorf, ein einzigartiger Ort, den die UNESCO 1997 zum Weltkulturerbe ernannt hat. Die beeindruckende Stätte kam im Laufe der Mitte des 20.Jh. von Giovanni Lilliu geleiteten Ausgrabungen ans Tageslicht. Nach dem „Vater“ der sardischen Archäologie ist das Kulturzentrum benannt, das sich nur wenige Schritte von der Nuraghe befindet.
Su Nuraxi, ist aus Basalt gebaut, einem aus dem nahen Naturpark der Giara stammenden vulkanischen Gestein. Sie weist eine im Laufe von zweitausend Jahren, vom 16.Jh.v.Chr. bis 7.Jh.n.Chr., erfolgte Aufeinanderschichtung von Material auf.
Der Nuraghenkomplex besteht aus einem zentralen Turm (Mastio) und vier, mit der Bastion verbundenen Ecktürmen, und ist von einem Labyrinth von 50 Hütten, Brunnen und Zisternen umgeben. Der ursprünglich 18,5 m hohe Mastio (Bergfried) ist der älteste Turm. Er wurde in der mittleren Bronzezeit errichtet und besteht aus drei übereinander angelegten, mit einander verbundenen Kammern mit auskragenden Wänden, deren Durchmesser mit zunehmender Höhe nach und nach abnimmt. Das Dach war wie ein Tholos gebaut (Scheinkuppel). In der Folge wurde in der frühen Bronzezeit die eintürmige Nuraghe mit solidem Mauerwerk mit vier kleineren Türmen umgeben, die damals 14 Meter hoch waren. Sie wurden mit kleinen Höfen verbunden und alle nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet. Von der Bastion mit Vierpass-Grundriss gelangte man zu einem mit Brunnen versehenen Hof, der die Räume der vier Türme mit einander verband, die alle aus zwei übereinander angelegten Kammern bestanden und mit Tholos versehen waren. In derselben Zeitepoche entstand auch der älteste Kern des Dorfes und wurde ein Vormauerwerk mit drei Türmen bzw. eine Wehrmauer errichtet, die später am Ende der Bronzezeit mit weiteren Türmen ausgebaut wurde. Auch die Bastion mit Vierpass-Grundriss wurde mit drei Meter dicken Mauern verstärkt. Auf dieselbe Zeit gehen auch die Hütten mit rundem Grundriss, einem einzigen Raum und kegelförmigen Holzdächern zurück. Die bedeutendste ist die „Hütte 80“, die so genannte Versammlungshütte mit rundum verlaufender Sitzbank und fünf Nischen in den Wänden, in der Vasen, Zierrat, Werkzeuge, Waffen und Votivbilder gefunden wurden, was vermuten lässt, dass es sich um einen Versammlungsort gehandelt haben dürfte. Zu Beginn der Eisenzeit wurde das Dorf fast zur Gänze zerstört. Auf den Ruinen entstand ein Agglomerat mit Techniken und Ausstattungen, die Inbegriff einer fortschrittlichen Gesellschaft mit Kontakten zu anderen Kulturen waren. Die neuen Hütten, die so genannten Hütten „mit Innenhof“ oder „mit Sektoren“ wiesen Rundmauern und mehrere viereckige, strahlenartig um den gepflasterten Innenhof zusammenlaufende Räume auf. Der bedeutendste Bereich ist die „Rotunde“, ein kleiner, mit Tholos bedeckter Raum, der mit Sitzbank und Zentralbecken versehen ist, das zum Sammeln von Wasser diente und bei Weihriten Verwendung fand, die mit dem Wasserkult verbunden waren. Die Hütten von Su Nuraxi sind aufgrund ihrer komplexen Struktur und architektonischen Entwicklung ein wahres Unikat in Sardinien. Im 5.Jh.v.Chr. wurde das Gebiet der Nuraghenkultur von den Puniern besetzt. Die beiden Kulturen vermischten sich: Erscheinungsbild und Leben des Dorfes erlebten allerdings kaum Veränderungen. Im 2.-1.Jh.v.Chr. wurden einige der Siedlungsbereiche von den Römern als Grabstätten umfunktioniert. Die Stätte war bis ins 3. Jh. n. Chr. bewohnt und wurde bis ins Hochmittelalter sogar sporadisch besucht.
Zum archäologischen Erbe von Barumini zählt aber noch ein anderes Wunderwerk, und zwar der Nuraghenkomplex Su Nuraxi ‘e Cresia, der im Laufe von Restaurierungsarbeiten der Casa Zapata ans Tageslicht gekommen war, der Mitte des 16. Jh. auf dem nuraghischen Gebäude erbauten Residenz sardisch-aragonesischer Barone. Heute ist der Adelssitz, der den Palazzo, Garten, großen Hof und die dazugehörige Landwirtschaft umfasst, Sitz des gleichnamigen Museumspols, der wie folgt in drei Abschnitte gegliedert ist: Archäologie, Geschichte-Archiv und Völkerkunde.