Für sie ist Sardinien ein weitläufiger Park, eine glückliche Insel mit Naturoasen und Schutzgebieten, auch in kargen Landschaften, in denen keinerlei Schild diese als solche kennzeichnet. Die wenigen Einwohner der Insel lassen der zähen Natur, die von einer lebendigen Seele bewohnt wird und ein idealer Lebensraum für wilde Tiere ist, viel Raum. Diese Tiere hätten ohne die Grenzen des Meeres ihre Heimat schon lange verlassen und die Besonderheiten und wahrscheinlich auch die Freiheit, so zu leben, wie sie es gewohnt sind, verloren. Kleinpferde, Esel, Mufflons, Hirsche, Adler, Gänsegeier leben schon immer hier, andere kommen zum Überwintern, verlieben sich in Sardinien und fliegen nicht mehr weiter. Wie die Flamingos, die in den Feuchtgebieten hinter den Stränden ihre Nester bauen und so die Küstenlandschaft der Insel rosa färben.
Mandelförmige Augen, einen wilden Haarschopf auf der Stirn, eine lange Mähne und einen buschigen Schweif - klein wie Ponys, aber sie lassen sich nicht zähmen. Es sind Wildpferdchen, die von jenen abstammen, die schon im Zeitalter der Nuraghen auf der Insel herumgaloppierten. Heute besiedeln sie die Giara-Hochebene, eine ganz eigene, einzigartige Welt, deren Lebensräume im Einklang miteinander stehen: Der Wald mit mediterraner Macchia und Garigue, das Grasland mit natürlichen Süßwasserteichen, an denen die Pferdchen eine Rast einlegen, um zu trinken und auszuruhen. Hier können Sie ihrem stolzen Blick begegnen, bevor ihr Lieblingsspiel erneut beginnt: frei und glücklich zu galoppieren.
Der Greif ist ein Wesen der Mythologie, halb Löwe, halb Adler und in Italien lebt die einzige natürliche Kolonie von Gänsegeiern, die in Italien überlebt haben. Im letzten Jahrhundert wären sie fast ausgestorben, aber heute sind sie zahlreich und in guter Verfassung. In den Nestern kommen viele Küken auf die Welt, die zu mächtigen, etwas urtümlich wirkenden Raubvögeln heranwachsen. In anderen Teilen der Welt siedeln Gänsegeier auf hohen Klippen, fernab von den Blicken des Menschen, während sie sich auf den beeindruckenden 40 Kilometern Küstenlinie zwischen Bosa und Alghero, die zu ihren Ehren Costa dei Grifoni (Küste der Greifvögel) genannt wird, bewundern und fotografieren lassen.
Heute wohnen sie auf den Kalksteinkämmen zwischen Supramonte und Meer, aber sie beweiden diese Landschaft der Insel schon seit dem Zeitalter der Nuraghen und ihre Gene haben sich nicht verändert. Mufflons sind die stolzen und zähen Vorfahren der Schafe, die zu Millionen auf Sardinien grasen. Im Winter kämpfen die männlichen Tiere mit ihren Hörnern um die Weibchen. Und dann verschwinden sie in der Macchia, jeder mit seinem neuen Harem. Im Frühjahr kommen die Kleinen auf die Welt, die um die Mütter herumspringen und aufmerksam vom Mufflon-Patriarch überwacht werden, bis er beschließt, dass es nun Zeit ist, zu gehen. Dies wiederholt sich schon seit viertausend Jahren.
Esel ist nicht gleich Esel. Da gibt es die grauen mit dem dunklen Kreuz auf dem Rücken, der zwar ein Wildesel ist, aber auf ganz Sardinien häufig anzutreffen ist. Und dann gibt es das Albino-Eselchen von Asinara. Seine schmachtenden, rosa und blau schillernden Augen, scheinen sich an alle Leiden zu erinnern, die auf der Insel zu erdulden waren: die Zwangsisolierungen der Lazarettpatienten, die Schmerzen der Kriegsgefangenen, das Jammern von Hochsicherheitsgefangenen, die Qualen der Staatsdiener. Aber wenn Sie innehalten und sie ein wenig beobachten, sind auch die Hoffnungsgesänge der Häftlinge und der wiederkehrende Frieden zu hören, die zarte Natur und der Zauber des Meeres, das ein Zufluchtsort für Wale und Delfine ist.
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Schön und liebenswert, so beliebt, dass sie von den Wildtieren beneidet werden. Die Kuhherde von Siniscola enttäuscht Ihre Liebhaber nicht. Jedes Jahr zu Beginn der Sommersaison verlässt sie den Stall auf dem Land und begibt sich, wie üblich, zum Meer, zum Strand von Berchìda. Sie weiden hier und da am Strand, legen sich hin und dösen, sehen sich um und zwinkern den Badegästen zu, endlich sind sie im Urlaub und genießen den Tag am Meer. Vor dem Heimweg trinken sie am Fluss und scheinen zum Abschied mit dem Schwanz zu winken. Auf Wiedersehen und bis morgen!