Einst gab es keinen wichtigen Moment im Leben oder eine Phase im Zyklus der Jahreszeiten, die nicht von Musik begleitet und zelebriert wurde. Eine tiefe Verbundenheit mit den sakralen und profanen Aspekten des täglichen Lebens, die - auch wenn sie sich verändert hat - auch heute noch zu besonderen Anlässen besteht, wenn Musikinstrumente, Symbole der Tradition jeder Gemeinschaft, erklingen. Die Anlässe sind Patronsfeste, typische Veranstaltungen und große Dorffeste, vom Fest des Hl. Ephysius in Cagliari bis zur Cavalcata Sarda in Sassari, über das Fest des Erlösers in Nuoro, sowie die Karwochenbräuche in vielen sardischen Städten.
Die Wurzeln der Verbindung zwischen Sardinien und der Musik liegen in der innigen Beziehung zur Natur, die die Familie beschützt und das Notwendige gibt, um sie zu erhalten. Nicht umsonst stammt das Material für den Bau der Instrumente aus der Natur: Schilf, Holz und Kork sowie Tierhäute. Mit der Natur verbunden ist auch das Wissen, das man braucht, um die Materialien zu beschaffen und zu bearbeiten. Wissen, das zuweilen von einer mystischen Aura umgeben ist, wie das Warten auf die günstige Mondphase, um das Schilfrohr für Blasinstrumente zu schneiden. Die Kunstfertigkeit, die Materialien und die Gedenktage führten dazu, dass jedes Gebiet eine eigene musikalische Identität entwickelte, die sich von Land zu Land unterschied.
Manchen zufolge gehen sie sogar auf die Nuraghenzeit zurück, wie die in Ittiri gefundene und im Archäologischen Nationalmuseum in Cagliari ausgestellte „kleine ithyphallische Bronzefigur“ belegt. Sicher ist, dass die Launeddas seit dem 17. Jahrhundert zur Tradition vieler Ortschaften im zentralsüdlichen Sardinien gehören, insbesondere in Cabras, San Vito, Villaputzu und den Dörfern der Trexenta. Bis vor einigen Jahrzehnten war das Spielen der Launeddas ein Beruf: Die Musiker übten ihren Beruf aus, indem sie Prozessionen und Messen, profane und religiöse Feiern begleiteten. Denn dieses Instrument erfordert ein eingehendes Studium und spezielle Kenntnisse, wie z. B. die Technik der Zirkularatmung, die notwendig ist, um die Launeddas kontinuierlich ertönen zu lassen, indem man den Mund als „Luftdepot“ benutzt.
Drei Rohre: su Tumbu, das längste, ohne Löcher, gibt einen einzigen durchgehenden Ton von sich. Mit ihm verbunden ist sa Mancosa, das die Melodie begleitet und vier Löcher für den Griff sowie ein freies Loch hat. Die gleichen Löcher weist auch sa Mancosedda auf, die von den anderen getrennt ist und mit der rechten Hand gespielt wird, mit der auch die Melodien gespielt werden. Der Vorläufer der Launeddas ist sa Bena, eine Flöte aus Sumpfrohr, die oben mit einem Knoten verschlossen ist und deren Rohrblatt, im Gegensatz zu den Launeddas, geschält wird. Was gibt es Besseres als Musik, um die Langeweile endloser Tage auf der Weide zu bekämpfen? su Pipiolu (oder Sulittu) ist das „klassische“ Instrument der Hirten, das ebenfalls aus einem Stück Schilfrohr hergestellt wird. Man sagt, dass alle Hirten in der Lage seien, ein solches Instrument zu bauen.
In Gavoi ist der Name etwas anders, nämlich su Pipaiolu, und zusammen mit su Triangulu und einer speziellen Trommel bilden sie das für den Karneval typische Instrumententrio. Sie werden am Faschingsdonnerstag zusammen mit sa Sortilla ‘e Tumbarinos, dem Treffen der Trommler, gespielt. Sie werden aus Ziegen- oder Schafsfellen hergestellt, die einem besonderen Verfahren unterzogen werden: Sie werden mit Asche bestreut und 15 Tage lang eingegraben, dann gewaschen und getrocknet, damit sich die Haare leichter ablösen. Der Resonanzkörper kann aus Kork sein oder aus alten Sieben oder hölzernen Schafskkäseformen hergestellt werden. Wesentlich kleiner und auf der ganzen Insel verbreitet ist sa Trunfa, die metallene Maultrommel, die in der Gallura als Zampurra, im Campidano als sa Biurdana und im Logudoro als su Sona-Sona bekannt sind.